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Hasn Jakob Christoffel von Grimmelshausen

Biografie

Grimmelshausen wurde um 1622 in Gelnhausen (Hessen) geboren. Als Schriftsteller verwendete er die Pseudonyme "German Schleifheim v. Sulsfort", "Samuel Greifensohn v. Hirschfeld" und andere.
Er war Sohn eines protestantischen Gastwirts und Bäckers. Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde er 1635 von hessischen Soldaten gefangen und nach Kassel gebracht, dann zum Soldatendienst in die kaiserliche Armee gepreßt. Er erlebte während der Jahre des Herumziehens mit der Armee mannigfaltige Abenteuer in verschiedenen Gegenden Deutschlands.
1636-1638 war er bei der schwedischen Armee in Westfalen, 1638 am Oberrhein in der Armee des Grafen v. Götz und 1639-1648 in Offenburg (Baden) beim Regiment des Freiherrn von Schauenburg.
Ab etwa 1643 arbeitete er als Regimentsschreiber. Grimmelshausen wechselte vor Kriegsende zum katholischen Glauben. Er heiratete 1649 Katharina Henninger in Offenburg.
Er wurde Verwalter der Schauenburgschen Güter in Gaisbach (Renchtal), dann Burgvogt des Straßburger Arztes Dr. Küffer auf Schloß Ullenburg bei Gaisbach und 1665-1667 in Gaisbach Gastwirt des »Silbernen Stern«. Ab 1667 lebte er in Renchen als bischöflich-straßburgischer Schulteiß. Grimmelshausen starb am 17.8.1676 in Renchen (Baden).
Grimmelshausen ist der wichtigste und bedeutendste deutsche Erzähler des 17. Jahrhunderts. Er schrieb mit seinem »Simplicissimus« den ersten deutschen Prosaroman von Weltgeltung.

Beispieltext: Aus dem 30 jährigen Krieg

Das erste, das diese Reuter taten, war, daß sie ihre Pferd einstellten, hernach hatte jeglicher seine sonderbare Arbeit zu verrichten, deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte, denn obzwar etliche anfingen zu metzgen, zu sieden und zu braten, daß es sah, als sollte ein lustig Bankett gehalten werden, so waren hingegen andere, die durchstürmten das Haus unten und oben, ja das heimlich Gemach war nicht sicher, gleichsam ob wäre das gülden Fell von Kolchis darinnen verborgen; Andere machten von Tuch, Kleidungen und allerlei Hausrat große Päck zusammen, als ob sie irgends ein Krempelmarkt anrichten wollten, was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, wurde zerschlagen, etliche durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen, als ob sie nicht Schaf und Schwein genug zu stechen gehabt hätten, etliche schütteten die Federn aus den Betten, und fülleten hingegen Speck, andere dürr Fleisch und sonst Gerät hinein, als ob alsdann besser darauf zu schlafen gewesen wäre; Andere schlugen Ofen und Fenster ein, gleichsam als hätten sie ein ewigen Sommer zu verkündigen, Kupfer und Zinnengeschirr schlugen sie zusammen, und packten die gebogenen und verderbten Stück ein, Bettladen, Tisch, Stühl und Bänk verbrannten sie, da doch viel Klafter dürr Holz im Hof lag, Hafen und Schüsseln mußte endlich alles entzwei, entweder weil sie lieber Gebraten aßen, oder weil sie bedacht waren, nur ein einzige Mahlzeit allda zu halten; unser Magd ward im Stall dermaßen traktiert, daß sie nicht mehr daraus gehen konnte, welches zwar eine Schand ist zu melden! den Knecht legten sie gebunden auf die Erd, stecketen ihm ein Sperrholz ins Maul, und schütteten ihm einen Melkkübel voll garstig Mistlachenwasser in Leib, das nenneten sie ein Schwedischen Trunk, wodurch sie ihn zwangen, eine Partei anderwärts zu führen, allda sie Menschen und Vieh hinwegnahmen, und in unsern Hof brachten, unter welchen mein Knan, mein Meuder und unser Ursele auch waren.
Da fing man erst an, die Stein von den Pistolen, und hingegen an deren Statt der Bauren Daumen aufzuschrauben, und die armen Schelmen so zu foltern, als wenn man hätt Hexen brennen wollen, maßen sie auch einen von den gefangenen Bauren bereits in Backofen steckten, und mit Feuer hinter ihm her waren, ohnangesehen er noch nichts bekannt hatte; einem andern machten sie ein Seil um den Kopf und reitelten es mit einem Bengel zusammen, daß ihm das Blut zu Mund, Nas und Ohren heraus sprang. In Summa, es hatte jeder seine eigene Invention, die Bauren zu peinigen, und also auch jeder Bauer seine sonderbare Marter. Allein mein Knan war meinem damaligen Bedünken nach der glückseligste, weil er mit lachendem Mund bekennete, was andere mit Schmerzen und jämmerlicher Weheklag sagen mußten, und solche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweifel darum, weil er der Hausvater war, denn sie setzten ihn zu einem Feuer, banden ihn, daß er weder Händ noch Füß regen konnte, und rieben seine Fußsohlen mit angefeuchtem Salz, welches ihm unser alte Geiß wieder ablecken, und dadurch also kitzeln mußte, daß er vor Lachen hätte zerbersten mögen; das kam so artlich, daß ich Gesellschaft halber, oder weil ichs nicht besser verstund, von Herzen mitlachen mußte. In solchem Gelächter bekannte er seine Schuldigkeit, und öffnet' den verborgenen Schatz, welcher von Gold, Perlen und Kleinodien viel reicher war, als man hinter Bauren hätte suchen mögen. Von den gefangenen Weibern, Mägden und Töchtern weiß ich sonderlich nichts zu sagen, weil mich die Krieger nicht zusehen ließen, wie sie mit ihnen umgingen: Das weiß ich noch wohl, daß man teils hin und wider in den Winkeln erbärmlich schreien hörte, schätze wohl, es sei meiner Meuder und unserm Ursele nit besser gangen als den andern. Mitten in diesem Elend wendet ich Braten, und half nachmittag die Pferd tränken, durch welches Mittel ich zu unserer Magd in Stall kam, welche wunderwerklich zerstrobelt aussah, ich kennete sie nicht, sie aber sprach zu mir mit kränklicher Stimm: »O Bub lauf weg, sonst werden dich die Reuter mitnehmen, guck daß du davonkommst, du siehest wohl, wie es so übel«; mehrers konnte sie nicht sagen.

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